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Die Hoffnungen auf einen Einsatz von Michael Ballack beim WM-Eröffnungsspiel gegen Costa Rica sind auf den Nullpunkt gesunken. Wegen anhaltender Wadenbeschwerden musste der künftige England-Legionär am Mittwochabend die Trainingseinheit abbrechen. Am Donnerstagmorgen stand fest: Das erste WM-Match findet ohne den DFB-Kapitän statt.
Kapitän Michael Ballack
Keine Chance auf einen Einsatz: Michael Ballack.
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"Der Muskel ist noch nicht ausreichend belastbar. Er wird weiter intensiv behandelt", teilte der DFB mit. Dass der 29-Jährige trotz seiner Muskelverhärtung spielen kann, wird immer unwahrscheinlicher. Die Verletzung, hieß es aus dem deutschen Lager, sei hartnäckiger als erwartet. Das Training selbst fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Wenige Stunden zuvor hatte noch allgemeine Zuversicht geherrscht. DFB-Sprecher Harald Stenger teilte mit, es gebe Fortschritte im Genesungsprozess.
Längst wird beim deutschen Team über "Plan (ohne) B(allack)" nachgedacht. Zum Einsatz kommen würde für Ballack Bremens Tim Borowski. Nationalteam-Manager Oliver Bierhoff sagte: "Wir haben auch schon gezeigt, dass es ohne Michael geht. Wir haben Alternativen. Gerade wenn der Leader fehlt, wachsen die anderen oft über sich hinaus." Was statistisch sogar zu belegen ist: Sechsmal fehlte der Kapitän in der knapp zweijährigen Ära von Bundestrainer Jürgen Klinsmann, dabei gab es eine Niederlage in der Türkei (1:2), drei Siege und zwei Remis.
Der Kapitän selber äußerte sich derweil unabhängig von seiner körperlichen Verfassung in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" über die Erwartungshaltung an die deutsche Elf, äußerte sich nur verhalten optimistisch und hegt gar leise Zweifel an der Erreichbarkeit der gesteckten Ziele. Der 29-Jährige sieht das Team "noch nicht so stabil" und "schwankend".
Mannschaft "noch nicht so gefestigt"
"Ich gehe ich mit so ein bisschen Ungewissheit in das Turnier", so Ballack vor dem Eröffnungsspiel am Freitag (LIVE!-Ticker, ab 18.00 Uhr) in München gegen Costa Rica. Die deutsche Nationalelf lebe "von ihrer Begeisterung und von ihrer Unbekümmertheit. Und natürlich macht sie noch Fehler und ist noch nicht so gefestigt."
Das Team stecke laut Ballack noch in der "Entwicklung. Wir haben Spieler, die in ihren Vereinen wenige Einsatzzeiten hatten oder teilweise nicht gespielt haben". Zudem gibt der 29-Jährige zu Bedenken: "Und vergessen sie nicht: Wir haben nicht mehr die Auswahl, wie es noch 1990 bei der Weltmeisterschaft der Fall war, oder meinetwegen noch 1996 bei der EM. Da waren viel, viel mehr gestandene Spieler, international erfahrene Spieler dabei."
Es gebe zwar ganz viel, "was mir Mut macht. Sicher können wir das auch schaffen", führte Ballack weiter aus: "Aber ich sage auch: Es kann im positiven wie im negativen Sinne viel passieren. Die Ergebnisse und die Leistungen im Vorfeld der Weltmeisterschaft zeigen, dass diese Mannschaft noch schwankt und nicht so stabil ist."
Ballack erneuerte zudem seinen Appell, auch die Defensivarbeit während des Spiels nicht zu vernachlässigen. "Wir wollen vorwärts und schnell spielen. Das ist grundsätzlich richtig, aber manchmal spielen wir zu schnell nach vorn und verlieren die Bälle. Wir müssen uns klar machen, dass wir nicht alle vorwärts denken können." Auch für ihn selbst sei es schwer, "die Symbiose zu finden: zwischen defensiv gut stehen und das Spiel auch immer wieder nach vorne treiben".
Der Druck, "der von außen auf sie zukommen wird", und die eigene Erwartungshaltung, könnten der Mannschaft zum Verhängnis werden, befürchtet der künftige England-Legionär von Chelsea London. "Eine WM im eigenen Land ist ja in dieser Hinsicht mit nichts zu vergleichen. Wir müssen sehen, wer mit diesem Druck klarkommt. Wir wollen hoffen, dass der eine oder andere Spieler nicht verkrampft und die Mannschaft das abrufen kann, was sie eigentlich kann. Das ist aber ein ganz schmaler Grat, gerade als Heimmannschaft."